Sehr geehrte Bürgermeisterin,
sehr verehrte Damen und Herren,
liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
die Lage in den kommunalen
Haushalten verdüstert sich weiter. Der positive Trend der
Stadt Geilenkirchen der
Jahre 2017 bis 2019, in denen noch aufgrund der guten
konjunkturellen Lage ein Überschuss erwirtschaftet werden
konnte, endete jäh mit dem Beginn der Corona-Pandemie.
Aktuell machen weiterhin der Krieg in der Ukraine sowie
die dadurch ausgelöste hohe Inflationsrate den kommunalen
Haushalten schwer zu schaffen. Hinzu kommen noch die
finanziellen Belastungen durch die klimabedingten
zusätzlichen Anforderungen, die notwendige Schaffung von
zusätzlichen KiTa-Plätzen und ein nicht zu
unterschätzender Mangel an Personal- und Fachkräften. Auch
in Geilenkirchen gelingt der Haushaltsausgleich im Jahr
2023 nicht. Das Jahresergebnis summiert sich auf einen
Fehlbetrag in Höhe von knapp 4 Millionen Euro. Und selbst
dieses Ergebnis ist nur erreichbar, da das NKF-Covid-19-Ukraine-Isolierungsgesetz
es möglich macht, einen Aufwand von fast 5 Millionen Euro
zu isolieren, so dass er nicht das Jahresergebnis
belastet.
Ab
dem Jahr 2026 fließen die seit 2020 isolierten
Aufwendungen jedoch wieder in den Haushalt in Form von
Abschreibungen ein. Egal, für welches Abschreibungsmodell
man sich dann entscheiden wird: Der kommunale
Handlungsspielraum wird dadurch in jeden Fall erheblich
reduziert. Schon jetzt ist daher klar, dass Politik und
Verwaltung Antworten darauf finden müssen, wie der
Haushalt zukünftig strukturell besser aufgestellt werden
kann.
Haushaltsanträge
Die
von der Grünen Fraktion darauf gefundene Antwort ist es,
Bildung, Sicherheit und Ordnung sowie Demokratie
einzuschränken. Diesen Ansatz halten wir überwiegend für
falsch!
Stichwort
Bildung:
einem langjährigen Partner wie dem Bistum Aachen als
Schulträger des Gymnasiums in Geilenkirchen gewissermaßen
über Nacht die städtischen Zuschüsse entziehen zu wollen
ist nicht nur schlechter Stil und beschädigt das Vertrauen
in die Zuverlässigkeit der Stadt Geilenkirchen, sondern
funktioniert auch nur dann, wenn man unterstellt, dass die
finanzielle Lücke komplett vom Bistum geschlossen wird.
Sollte das nicht der Fall sein, ergeben sich daraus
dramatische Konsequenzen angefangen von einer
Verschlechterung der Bildung bis hin zu einer
Schulschließung. Nüchtern betrachtet spart diese
Partnerschaft der Stadt Geilenkirchen zudem bares Geld:
Ohne das bischöfliche Gymnasium wären wir nämlich
rechtlich dazu verpflichtet, entweder ein städtisches
Gymnasium vorzuhalten, oder aber uns am Kreisgymnasium in
Heinsberg zu beteiligen. Beides hätte die Konsequenz, dass
die Belastung des städtischen Haushalts weit höher wäre
als die Summen, die wir zur Zeit als Zuschuss an das
Bistum überweisen.
Stichwort
Kommunaler Ordnungsdienst:
Zu den wesentlichen Faktoren einer attraktiven Stadt, in
der Menschen gerne wohnen, einkaufen oder sich aufhalten,
gehören primär Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung. Schon
die ersten Einsatztage des auf Antrag von CDU, Bürgerliste
und FDP beschlossenen kommunalen Ordnungsdienstes haben
gezeigt, dass dieser einen äußerst positiven Effekt auf
die Stadt hat. Zudem handelt es sich bei der Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten in vielen Fällen um eine kommunale
Pflichtaufgabe,
und nicht - wie oft vermutet - um eine Angelegenheit der
Polizei. Pflichtaufgaben aber müssen unabhängig von der
finanziellen Situation einer Stadt durchgeführt werden! In
hinreichender Qualität kann dies nur dann erfüllt werden,
wenn auch das notwendige Personal dafür zur Verfügung
steht. Nach wie vor sehen wir die dringende Notwendigkeit
und Verantwortung, in diesem Bereich verstärkt tätig zu
sein, denn wir wollen unsere Bürgerinnen und Bürgern
schützen und ihnen eine saubere und sichere Stadt bieten.
Letztlich ist dies auch gelebte Wirtschaftsförderung, denn
nur eine sichere und saubere Stadt sorgt dafür, dass
Handel und Gastronomie funktionieren können und man sich
gerne in der Stadt aufhält.
Stichwort
Demokratie:
Eine Verkleinerung des Rates würde objektiv zwar zunächst
Einsparungen generieren und ist somit zumindest
grundsätzlich eine wirksame Möglichkeit, den Haushalt zu
entlasten. Allerdings ist es für die Akzeptanz der
Demokratie bedeutend, dass in einem Rat alle wesentlichen
gesellschaftlichen Gruppen einer Stadt vertreten sind, und
zwar möglichst in Fraktionsstärke, da ihnen erst dadurch
gewisse demokratische Rechte zustehen. Bei der aktuellen
Größe des Rates in Geilenkirchen wird hierfür ein
Stimmenergebnis von etwa 5,3 Prozent benötigt, was
annähernd auf Augenhöhe der 5-Prozent-Hürde für den
Bundestag liegt. Bei einer Verkleinerung des Rates auf 30
Ratsmitglieder würden hingegen schon etwa 6,7 Prozent der
Stimmen benötigt. Dadurch würden aus unserer Sicht
wesentliche gesellschaftliche Gruppen von der
demokratischen Meinungsbildung ausgeschlossen. Genau das
ist jedoch in Zeiten von Politikverdrossenheit und
Populismus gefährlich und würde der Demokratie als ganzes
schaden. Zudem bedeutet eine Verkleinerung des Rates auch,
dass es weniger, dafür aber größere Wahlbezirke geben
würde. Es besteht dadurch die Gefahr, dass die Nähe der
Abgeordneten zu bestimmten Stadtteilen abnimmt und einige
Stadtteile nicht mehr ausreichend repräsentiert werden. In
Abwägung dieser Argumente sind wir der Meinung, dass eine
Reduzierung auf 30 Ratsmitglieder demokratieschädlich ist
und lehnen es ab.
Gleichwohl ist aber auch uns bewusst, dass wir nach
Möglichkeiten suchen müssen, dauerhaft mehr Einnahmen zu
generieren und auf der anderen Seite unnötige Ausgaben zu
reduzieren.
Dabei kommt man an einem Blick auf die Personalkosten
nicht herum.
Personalkosten
Sie
stellen mit 22 Millionen Euro die zweitgrößte Aufwandsart
im Ergebnisplan dar. Die Steigerung in diesem Bereich ist
mit 9,46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erheblich,
allerdings trägt hierfür nicht allein die Stadt
Geilenkirchen die Verantwortung. Beispiel Wohngeld: Durch
das vom Bund beschlossene neue Wohngeldgesetz hat sich die
Anzahl der Antragsberechtigten etwa verdreifacht. Wo
bisher also ein Mitarbeiter mit der Bearbeitung der
Anträge ausgelastet war, werden zukünftig drei benötigt.
Obwohl es sich um ein Bundesgesetz handelt, erfolgt die
Antragsbearbeitung durch die Kommunen. Zwar werden den
Kommunen die Wohngeldzahlungen als solche vom Land
ersetzt, die Personalkosten bleiben aber vollumfänglich
bei den Kommunen. Eine Entscheidung, die auf Bundesebene
getroffen wurde, führt somit zu Personalkostensteigerungen
bei den Kommunen.
Hierin wird ein Hauptproblem der kommunalen Finanzen
deutlich: Die kommunale Selbstverwaltung hängt wesentlich
davon ab, dass die Kommunen von Bund und Ländern mit
ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden. Dies ist
– insbesondere in Nordrheinwestfalen – seit vielen Jahren
nicht mehr der Fall. Nahezu alle Kommunen konnten in den
letzten Jahren ihre Konsolidierungsverpflichtungen nur
erfüllen, indem sie notwendige Investitionen unterlassen
oder aufgeschoben haben. Der kommunale Finanzausgleich
muss daher zwingend neu justiert werden. Ein Lösungsansatz
läge darin, die Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund,
Ländern und Kommunen zugunsten der Kommunen zu verändern.
Dazu müsste aber bei den großen Parteien, die in Land und
Bund die Entscheidungen treffen, der politische Wille zu
Veränderungen vorhanden sein. Auf Dauer werden die
Entscheidungsträger hier nicht um eine Lösung herumkommen.
Online-Zugang zu
Verwaltungsleistungen
Doch es wäre zu leicht, die Verantwortung allein auf den
Bund und die Länder zu schieben. Auch wir als Stadt
Geilenkirchen müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir
das vorhandene Personal effizienter einsetzen und weitere
Personalkostensteigerungen in Zukunft vermeiden. Aus
unserer Sicht ist hier die Digitalisierung ein wichtiger
Hebel. Durch das Onlinezugangsgesetz sind Kommunen
eigentlich schon seit Ende 2022 verpflichtet, alle
Verwaltungsleistungen über ein online-Verwaltungsportal
anzubieten. Jedwede Verwaltungsleistung muss über das
Internet beantragbar sein. Befüllbare PDF-Dokumente
reichen hier nicht aus, die Daten müssen auch online an
die Kommunen übermittelt werden können und sollten dann im
besten Fall direkt in die entsprechenden EDV-Fachverfahren
einfließen. Nach einer repräsentativen Umfrage des
Branchenverbandes Bitkom fordern 9 von 10 Deutschen mehr
Tempo bei der Digitalisierung von Städten und Gemeinden.
Die
Digitalisierung ist aber nicht nur gelebte
Bürgerfreundlichkeit. Zugleich würde sich der
Erfassungsaufwand für die Verwaltungsmitarbeiter erheblich
reduzieren. Die Daten müssten nicht mehr per Hand erfasst
werden, sondern lägen schon in elektronischer Form direkt
im Fachverfahren vor. Dies wiederum würde die
Möglichkeiten von Homeoffice fördern und könnte somit
Mietkosten für Büroräume reduzieren. Zugleich könnten mit
der Digitalisierung auch die Prozesse überdacht werden. Es
steht die Frage im Raum: Sind die Verfahren,
Entscheidungswege und Strukturen noch zeitgemäß? Die
Digitalisierung muss zu einem Innovations- und
Effizienzschub in der Verwaltung führen.
Von
diesem „Idealzustand“ sind wir bei der Stadt Geilenkirchen
(wie auch bei allen anderen Kommunen) leider noch weit
entfernt. Umso wichtiger ist es, in diesem Bereich nun
schnell voran zu kommen und die Entwicklung der
Online-Dienstleistungen mit aller Kraft voranzutreiben.
Wir fordern die Bürgermeisterin auf, hier - gegebenenfalls
auch in Zusammenarbeit mit einem Rechenzentrum wie der
RegioIT - unverzüglich tätig zu werden. Mit der
Digitalisierung lässt sich langfristig Geld sparen!
Wirtschaftsförderung
Des
weiteren muss unsere Stadt insgesamt attraktiver werden.
Die Entwicklung des Rewe-Areals ist hier ein wichtiger
Baustein. Die dort im Augenblick vorhandene Brache muss so
schnell wie möglich beseitigt werden, und zwar mit einem
innovativen, der besonderen Lage angepassten
Bebauungskonzept. Eine attraktive Bebauung mit einigen
Ankermietern könnte zu einer Belebung der Innenstadt
führen und somit auch die Einnahmen für die Stadt
verbessern. Wir wollen hier enger in den Informationsfluss
der Verwaltung eingebunden werden und sehen es auch als
notwendig an, dass die Information der Bürgerinnen und
Bürger verbessert wird. Die Menschen in Geilenkirchen
werden in Anbetracht des „gefühlten“ Stillstandes zurecht
langsam ungeduldig und fordern hier einen raschen
Fortschritt, zumindest aber mehr Informationen.
Mit
der Wirtschaftsförderung, wie sie sich derzeit darstellt,
sind wir auch insgesamt ein wenig unzufrieden. Ein
Beispiel: 2021 hat die Stadt Geilenkirchen aus dem
Sofortprogramm Innenstädte eine Bewilligung über knapp
110.000 Euro für einen Verfügungsfonds Anmietung vom Land
NRW erhalten. Beabsichtigt war, dass hiermit neue
Geschäftsansiedlungen unterstützt werden, indem für eine
gewisse Zeit die Mieten zu 1/3 übernommen werden sollten.
Nach unserer Wahrnehmung hat dies aber nicht funktioniert.
Die vorhandenen Mittel sind in Geilenkirchen weitgehend
auf andere, deutlich weniger sinnvolle Projekte übertragen
worden, da die ursprünglichen Adressaten nicht erreicht
wurden.
Wenn aber der strukturelle Haushaltsausgleich in
absehbarer Zeit gelingen soll, ist es unabdingbar, dass
hierzu auch die Wirtschaftsförderung durch das
erfolgreiche Ansiedeln neuer Handels- und Gewerbebetriebe
beiträgt. Wir brauchen zündende Ideen, die Handel und
Gewerbe in Geilenkirchen sowohl für Gewerbetreibende wie
auch für Kunden attraktiv machen. Besonders die
Gerbergasse und der Friedlandplatz benötigen hier aktuell
viel Aufmerksamkeit.
Zugleich müssen wir dafür sorgen, dass Förderprogramme
zukünftig noch besser ausgeschöpft werden. Damit meinen
wir nicht, dass wir uns an jedem Förderprogramm – egal ob
sinnvoll oder unsinnig – beteiligen müssen. Im Gegenteil:
sinnlose Geldverschwendung, wie zum Beispiel beim
letztlich gescheiterten Bürgerhaus in Teveren, muss
zukünftig noch konsequenter als bisher vermieden werden.
Vielmehr geht es darum, ein wachsames Auge auf passende
Förderprogramme zu legen, um auf diese Art und Weise
Landes- und Bundesmittel für ansonsten nicht zu
bewerkstelligende Ausgaben zu akquirieren. Wir begrüßen
es, das Bürgermeisterin Ritzerfeld in diesem Bereich durch
die Schaffung eines Fördermittelmanagments bereits tätig
geworden ist, und hoffen in Zukunft darauf, dass
Förderpotentiale noch besser als bisher gehoben werden
können.
klimaresiliente Stadt /
barrierefreie Stadt
Eine weitere große Aufgabe wird es für uns sein, unsere
Stadt und ihre Bewohner besser vor Extremwetter zu
schützen. In Zukunft werden diejenigen Städte, die sich
bereits jetzt auf die zu erwartenden Klimaveränderungen
vorbereiten, kraftvoll und zügig auf das Auftreten von
Herausforderungen wie Hitzeperioden, Dürren, Stürmen und
Überschwemmungen reagieren können. Klimaresilienz ist
dabei ein andauernder Prozess, der gemeinsam mit den
Bürgern gegangen werden muss. Flankiert werden muss dieser
durch gut vernetzte Alarmpläne und trainierte Prozesse,
die im Schadensfall Leib und Leben unserer Bürger schützen
und Sachschäden verringern.
Bei
zukünftigen Baumaßnahmen müssen wir immer ein Blick auf
die möglichen Folgen der Klimaveränderungen werfen und
Maßnahmen einbeziehen, die diesen entgegenwirken. Dazu
gehört unter anderem die Verschattung von Plätzen durch
Bäume oder die Reduzierung von Flächenversiegelungen. Die
Stadt Geilenkirchen muss eine Strategie entwickeln, wie
Klimaresilienz zukünftig in unserer Stadt umgesetzt werden
kann.
Selbstverständlich muss dies im Einklang mit einer
weiteren Verbesserung der Barrierefreiheit geschehen. Hier
wollen wir unseren bisherigen Einsatz für eine
barrierefreie Stadt weiter fortführen. In den vergangenen
Jahren konnten wir in diesem Bereich gemeinsam deutliche
Fortschritte erreichen, die wir auch in Zeiten knapper
Kassen nicht wieder hergeben wollen. Zur Wahrheit gehört
aber auch, dass es hier noch einiges zu tun gibt!
Dank und Fazit
Zu
guter Letzt möchte ich mich im Namen der Bürgerliste bei
der ausgeschiedenen Kämmerin, Frau Feratovic, und ihrem
Team in der Kämmerei für die geleistete Arbeit bedanken.
Ihrem Nachfolger, Herrn Nilles, wünschen wir für die
Zukunft alles Gute. In den kommenden Jahren wird es sicher
nicht einfach, einen genehmigungsfähigen Haushalt
aufzustellen. Zudem obliegt es gerade ihm, jeden einzelnen
Euro bis auf die Zähne zu verteidigen.
Der
vorgelegte Haushalt ist alles andere als erfreulich. Er
macht deutlich, dass Verwaltung und Politik in den
kommenden Jahren erhebliche Anstrengungen unternehmen
müssen, um langfristig zu einem strukturell ausgeglichenem
Haushalt zu gelangen.
Gleichwohl erhält er aus unserer Sicht weder Fehler noch
völlig unnötige Ausgaben, so dass wir ihm heute mit
schwerem Herzen zustimmen werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Christian Kravanja
Fraktionsvorsitzender
(Sie können die Rede
hier
auch als PDF-Dokument herunterladen)