P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2024 in der Sitzung des Stadtrates am 06.03.2024:

Sehr geehrte Bürgermeisterin,

sehr verehrte Damen und Herren,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

unzweifelhaft liegt uns ein schwieriger Haushalt vor, über den wir heute entscheiden müssen. Für den Ergebnisplan wird vom Kämmerer und seinem Team nach Abzug eines globalen Minderaufwands von 2 % mit einem Defizit von knapp 8,5 Millionen Euro gerechnet.

Dieser Fehlbetrag ist im Vergleich zu den prognostizierten Fehlbeträgen der vergangenen 10 Jahre immens: im Schnitt lag er dort bei knapp 3,2 Millionen Euro.

Chronische Unterfinanzierung der Kommunen

Im September letztens Jahres warnte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, Herr Dr. Eckhard Ruthenmeyer, in einem Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst:
„Wenn Bund und Länder nicht endlich ein Einsehen haben und die Kommunen so ausstatten, dass sie ihren Aufgaben gerecht werden können, schlittern wir 2024 ungebremst in die Handlungs- unfähigkeit.“
Und weiter: „Die chronische Unterfinanzierung und die Vielzahl an Krisen nehmen den Kommunen die Luft zum Atmen.“ Treffender kann man die Situation nicht beschreiben.

Zugleich werden die Aufgaben, die die Kommunen zu bewältigen haben, nicht weniger. Der weitaus größte Teil dieser Aufgaben besteht zudem aus Pflichtaufgaben. Lediglich 2,12 Millionen Euro werden im Haushaltsplan 2024 der Stadt Geilenkirchen als sogenannte „Freiwillige Leistungen“ ausgewiesen, darunter so wichtige Einrichtungen wie das Hallenbad und die Bücherei oder die Zuschüsse für Maßnahmen der Jugendarbeit.

Darüber hinaus wird von den Kommunen dann auch noch erwartet, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen sowie Anpassungen an den Klimawandel vorzunehmen, die Kommunale Wärmeplanung voranzutreiben, die Folgen von Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zu bewältigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie zu stärken.

Statt den Kommunen hierzu die notwendigen finanziellen Mittel zu senden, erhalten wir vor allem Bilanzierungstricks. Durch die neu geschaffene Möglichkeit des Verlustvortrags verbessert sich der Haushalt um keinen Cent, die finanziellen Probleme werden lediglich um drei Jahre in die Zukunft verschoben – genau bis nach der nächsten Landtagswahl in NRW.

Die bisher separierten Belastungen aus der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg werden zudem schon ab 2026 den Haushalt weiter belasten.

Das kann so nicht weitergehen, und das darf so auch nicht weitergehen!

Die politischen Entscheidungsträger müssen hier tätig werden. Statt das Haushaltsrecht zu verändern und die finanziellen Probleme in die Zukunft zu verschieben ist es unabdingbar, dass Landesregierung und Bundesregierung endlich für eine angemessene Finanzierung der Kommunen sorgen.

Einsparpotentiale heben und Einnahmen verbessern

Zugleich ist natürlich auch die Stadt Geilenkirchen aufgerufen, nach weiteren Einsparmöglichkeiten zu suchen oder die Einnahmen zu verbessern. Wie bereits in unserer Haushaltsrede vom letzten Jahr erwähnt, sehen wir hier noch immer erhebliches Potential durch die Digitalisierung der Verwaltung.

Eigentlich sollte nach dem Onlinezugangsgesetz bereits seit Anfang 2023 verpflichtend jede Verwaltungsleistung auch online angeboten werden. Dieses Ziel wurde weder von der Stadt Geilenkirchen noch von anderen Kommunen erreicht. Auch wenn nun die Umsetzungsfrist durch eine Änderung des Gesetzes gestrichen werden soll, sehen wir es als dringend notwendig an, die Digitalisierung so schnell wie möglich voranzutreiben und die darin liegenden Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung zu heben. Dies senkt nicht nur Kosten, sondern steigert auch den Bürgerservice und vermeidet lange Wartezeiten.

Durch die im letzten Jahr beschlossen Fortführung der Entwicklungsgesellschaft Stadt Geilenkirchen (ESG) wurde eine weitere eine Chance verpasst, die Einnahmen für die Stadt Geilenkirchen zu erhöhen. Wir halten die Fortführung nach wie vor für eine falsche Entscheidung. Durch diesen Beschluss wird der Erlös aus dem Verkauf von Baugrundstücken weiterhin zwischen der Kreissparkasse und der Stadt Geilenkirchen aufgeteilt. Bei einer eigenen Vermarktung hätte die Stadt Geilenkirchen 100 Prozente der Erlöse für sich beanspruchen können.
Immer wieder wird hier das Argument angebracht, dass die Stadt Geilenkirchen nicht dazu in der Lage sei, Baugebiete selbst zu entwickeln und auf die Expertise der Sparkasse angewiesen sei. Es ist aber unverständlich, warum die Stadt keine Wohngebiete vermarkten können soll, sehr wohl aber dazu in der Lage sein soll, Gewerbegebiete zu vermarkten. Der inhaltliche Unterschied liegt im Wesentlichen nur im Verkaufspreis der Grundstücke:
Für ein Gewerbegrundstück muss man einen deutlich geringeren Kaufpreis als für ein Baugrundstück bezahlen, so dass sich mit Gewerbegrundstücke keine Gewinne erzielen lassen.
Letztlich werden also weiterhin die Gewinne durch den Verkauf von Baugrundstücken teilweise privatisiert, während die Verluste durch den Verkauf von Gewerbegrundstücken von der Allgemeinheit zu tragen sind. Aus unserer Sicht wäre die Stadt mit entsprechendem Personal durchaus in der Lage, beide Aufgaben gut zu erfüllen – genau so, wie es in der Vergangenheit lange Jahre auch gemacht wurde.

Möglichkeiten zur Einnahmesteigerungen sehen wir weiterhin auch durch eine deutlich aktivere Wirtschaftsförderung. Dies hatten wir bereits im letzten Jahr bemängelt, geschehen ist nach unserer Wahrnehmung seither allerdings wenig. Nur zwei Beispiele:

  • Auf der Internetseite der Stadt Geilenkirchen wird unter dem Menüpunkt „Stadtmarketing“ immer noch einzig und allein das Event „Summer in the City“ beworben – welches aber bereits am 31. August letzten Jahres beendet wurde.

  • 241.278,- Euro erhält die Stadt Geilenkirchen bis 2026 aus dem Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ für die Fortführung des Verfügungsfonds Anmietung sowie für die Schaffung von Innenstadtqualitäten. Mit dem Verfügungsfond Anmietung soll – wie schon bisher – Neugründern die Anmietung von leerstehenden Ladenlokalen zu einer deutlich reduzierten Miete ermöglicht werden. Dabei wird den neuen Geschäftsleuten die Möglichkeit eröffnet, ein Ladenlokal für 2 Jahre zu 20 Prozent der ursprünglichen Miete anzumieten, während der Vermieter auf 30 Prozent der Miete verzichtet und der Rest aus eben diesem Verfügungsfonds gezahlt wird. Leider hatte dies in den vergangenen Jahren in Geilenkirchen eher einen überschaubaren Erfolg – so dass die Mittel sogar letztlich für andere Zwecke verwendet wurden. Während andere Kommunen die Möglichkeiten dieses „Verfügungsfonds Anmietung“ offensiv z.B. durch Presseartikel oder durch Veröffentlichungen auf der Internetseite hervorheben, sieht und hört man in Geilenkirchen: NICHTS. Auf der Internetseite werden lediglich die vermeintlichen Standortvorteile Geilenkirchens angepriesen.

Das ist uns alles zu wenig. Wirtschaftsförderung ist ein wichtiger Bestandteil zur Generierung von neuen Einnahmen.
Die Neuansiedlung von Händlern, Gastronomie und Unternehmen kann die Attraktivität Geilenkirchens deutlich steigern und die Gewerbesteuereinnahmen erhöhen.
Wir erwarten hier einfach eine viel agilere Wirtschaftsförderung, die offensiver mit den Möglichkeiten der Stadt wirbt und besser für alle Interessenten zu erreichen ist. Es fehlt eine deutliche mediale Wahrnehmbarkeit, zum Beispiel über soziale Medien, Presse oder Radio.

Kommunaler Ordnungsdienst und Schulsozialarbeit: Intervention und Prävention gehen Hand in Hand

Auch die von uns gemeinsam mit der CDU- und der FDP-Fraktion beantragte und beschlossene Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes wird letztlich ebenfalls dazu beitragen, dass die Attraktivität Geilenkirchens steigt. Durch die zusätzliche Person wird es nicht nur möglich sein, die Präsenzzeiten zu erhöhen und auf Zeiten auszudehnen, in denen bisher z.B. aufgrund von Urlaub keine Präsenz möglich war. Mit der von uns erwünschten und erhofften Einstellung einer Frau bestünde zudem die Möglichkeit, auch bei Frauen anlassbezogene Personenkontrollen durchzuführen.
Wir erwarten, dass durch diese Maßnahme bestimmte Delikte wie zum Beispiel Sachbeschädigungen noch weiter zurückgehen, was letztlich dazu beiträgt, Kosten zu senken und das Sicherheitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger zu stärken.
Es gibt in Geilenkirchen – wie auch in anderen Städten – einfach Personen, bei denen ein Streetworker alleine nichts mehr erreichen kann. Hier ist dann die harte Hand der Ordnungsbehörde unabdingbar. Daher ist dies – entgegen der Meinung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Bürgermeisterin – eine gute Investition in unsere Stadt.
Allerdings ist auch uns bewusst, dass Intervention durch den kommunalen Ordnungsdienst nur die eine Seite der Medaille ist. Ohne gleichzeitig auch in eine gute Prävention zu investieren, lässt sich langfristig das Grundproblem nicht lösen. Darum haben wir als Bürgerliste dem Antrag zur Ausweitung der kommunalen Schulsozialarbeit auch letztlich mit voller Überzeugung zugestimmt.
Aus unserer Sicht wird es den Anforderungen nicht gerecht, wenn lediglich eine einzelne Person für die Schulsozialarbeit an 3 Schulen mit hoher sozialer Belastung beschäftigt wird. Auch ohne eine Förderung durch das Land müssen wir als Stadt hier tätig werden, um den Kindern in Schulen mit sozialen Herausforderungen schon früh eine gute Unterstützung zu bieten und so einen erfolgreichen weiteren Lebenslauf zu ermöglichen. Auch das hier investierte Geld wird langfristig zu deutlichen Kosteneinsparungen führen.

Wir würden uns auch wünschen, dass die bereits im Jahr 2022 mit großer Mehrheit beschlossene Anmietung von Räumlichkeiten für die Einrichtung eines Jugendtreffs in Geilenkirchen endlich umgesetzt wird.
Von mir wurden seit knapp zwei Jahren immer wieder Vorschläge an die Verwaltung unterbreitet, welche Räumlichkeiten sich hierfür nutzen ließen und wie man die laufenden Kosten durch Förderprogramme reduzieren könnte. Es wäre wichtig, dass nun endlich Taten folgen würden. Die Verwaltung muss hier tätig werden und den Beschluss umsetzen, denn auch hierbei handelt es sich letztlich um ein wichtiges Mittel zur Prävention.

Anträge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen: ...und täglich grüßt das Murmeltier

Abgeschafft hingegen hätten wir gerne die Sitzungsgelder für Ausschussvorsitzende. Dies hätte durchaus eine kleine Einsparung für den Haushalt gebracht.
Die hierzu notwendige Zwei-DrittelMehrheit war aber mit dem jetzigen Rat nicht zu erreichen. Hier bleibt daher nur die Hoffnung, dass nach der nächsten Kommunalwahl eventuell andere Mehrheitsverhältnisse einen neuen Anlauf zulassen.

Keinen Sinn macht es hingegen, immer und immer wieder dieselben Anträge zu stellen. Das ist ein Politikstil, der mit dem Kopf durch die Wand will, und dabei demokratische Mehrheiten einfach ignoriert.
Bündnis 90/Die Grünen dürfen sich hier nicht wundern, wenn die Wand wieder nicht nachgibt und sich stattdessen Kopfschmerzen einstellen.
Nach wie vor halten wir es zum Beispiel für falsch, einem langjährigen Partner wie dem Bistum Aachen als Schulträger des Gymnasiums in Geilenkirchen gewissermaßen über Nacht die städtischen Zuschüsse entziehen zu wollen. Dies wird auch in keiner Weise der guten Arbeit gerecht, die das Gymnasium für die Geilenkirchener Schülerinnen und Schüler erbringt. Wir jedenfalls sind froh darüber, eine solche Schule in Geilenkirchen zu haben und unterstützen sie gerne auch weiterhin mit einem vergleichsweise geringen Zuschuss.

Auch die immer wieder von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragte Verkleinerung des Rates ist einfach falsch. Gerade in Zeiten, in denen die Akzeptanz der Demokratie scheinbar abnimmt und die Unzufriedenheit zunimmt, ist es wichtig, dass möglichst viele gesellschaftliche Gruppen in Fraktionsstärke im Rat der Stadt vertreten sind und so ein möglichst gutes Abbild der Gesellschaft repräsentiert wird.
Bei einer Verkleinerung des Rates auf die Größe von 30 Ratsmitgliedern würden nicht nur die Wahlkreise größer, so dass noch weniger Dörfer einen direkten Vertreter und Ansprechpartner haben, sondern es würde auch noch eine rechnerische Hürde von rund 6,7 Prozent entstehen, die man braucht, um in Fraktionsstärke in den Rat einzuziehen.

Dank und Fazit

Zu guter Letzt möchte ich mich im Namen der Bürgerliste bei unserem neuen Kämmerer, Herr Nilles, und seinem Team in der Kämmerei für die geleistete Arbeit bedanken. Es war sicher nicht einfach, den vorliegenden Haushalt aufzustellen, und es liegt noch viel Arbeit vor der Verwaltung, nach weiteren Möglichkeiten zu Einsparungen zu fanden und diese dann umzusetzen.

Bereits im letzten Jahr haben wir festgestellt, dass der vorgelegte Haushalt alles andere als erfreulich ist. Dies hat sich leider nicht geändert, im Gegenteil: Die Situation ist eher noch düsterer geworden.
Nur dadurch, dass das Land uns die eingangs erwähnten „Haushaltstricks“ zur Verfügung gestellt hat, lässt sich vermutlich zurzeit noch die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes vermeiden.
Zugleich sind die Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene aber beschränkt. Es lassen sich aus unserer Sicht nur wenige Kritikpunkte finden, die aber für den Haushalt insgesamt eher unwesentlich sind. Daher werden wir dem Haushalt heute Abend zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Christina Hennen

Ratsmitglied der Bürgerliste und stellv. Bürgermeisterin


(Sie können die Rede hier auch als PDF-Dokument herunterladen)

zurück zur Übersicht

Impressuma>ont>

25