Sehr geehrte Bürgermeisterin,
sehr verehrte Damen und Herren,
liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
unzweifelhaft liegt uns ein schwieriger Haushalt vor, über
den wir heute entscheiden müssen. Für den Ergebnisplan
wird vom Kämmerer und seinem Team nach Abzug eines
globalen Minderaufwands von 2 % mit einem Defizit von
knapp 8,5 Millionen Euro gerechnet.
Dieser Fehlbetrag ist im Vergleich zu den prognostizierten
Fehlbeträgen der vergangenen 10 Jahre immens: im Schnitt
lag er dort bei knapp 3,2 Millionen Euro.
Chronische Unterfinanzierung der Kommunen
Im September letztens Jahres warnte der Präsident des
Städte- und Gemeindebundes NRW, Herr Dr. Eckhard
Ruthenmeyer, in einem Brief an Ministerpräsident Hendrik
Wüst:
„Wenn Bund und Länder nicht endlich ein Einsehen
haben und die Kommunen so ausstatten, dass sie ihren
Aufgaben gerecht werden können, schlittern wir 2024
ungebremst in die Handlungs- unfähigkeit.“
Und weiter:
„Die chronische Unterfinanzierung und die Vielzahl an
Krisen nehmen den Kommunen die Luft zum Atmen.“ Treffender
kann man die Situation nicht beschreiben.
Zugleich werden die Aufgaben, die die Kommunen zu
bewältigen haben, nicht weniger. Der weitaus größte Teil
dieser Aufgaben besteht zudem aus Pflichtaufgaben.
Lediglich 2,12 Millionen Euro werden im Haushaltsplan 2024
der Stadt Geilenkirchen als sogenannte „Freiwillige
Leistungen“ ausgewiesen, darunter so wichtige
Einrichtungen wie das Hallenbad und die Bücherei oder die
Zuschüsse für Maßnahmen der Jugendarbeit.
Darüber hinaus wird von den Kommunen dann auch noch
erwartet, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen
sowie Anpassungen an den Klimawandel vorzunehmen, die
Kommunale Wärmeplanung voranzutreiben, die Folgen von
Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg zu bewältigen und den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie zu
stärken.
Statt den Kommunen hierzu die notwendigen finanziellen
Mittel zu senden, erhalten wir vor allem
Bilanzierungstricks. Durch die neu geschaffene Möglichkeit
des Verlustvortrags verbessert sich der Haushalt um keinen
Cent, die finanziellen Probleme werden lediglich um drei
Jahre in die Zukunft verschoben – genau bis nach der
nächsten Landtagswahl in NRW.
Die bisher separierten Belastungen aus der Corona-Krise
und dem Ukraine-Krieg werden zudem schon ab 2026 den
Haushalt weiter belasten.
Das kann so nicht weitergehen, und das darf so auch nicht
weitergehen!
Die politischen Entscheidungsträger müssen hier tätig
werden. Statt das Haushaltsrecht zu verändern und die
finanziellen Probleme in die Zukunft zu verschieben ist es
unabdingbar, dass Landesregierung und Bundesregierung
endlich für eine angemessene Finanzierung der Kommunen
sorgen.
Einsparpotentiale heben und Einnahmen verbessern
Zugleich ist natürlich auch die Stadt Geilenkirchen
aufgerufen, nach weiteren Einsparmöglichkeiten zu suchen
oder die Einnahmen zu verbessern. Wie bereits in unserer
Haushaltsrede vom letzten Jahr erwähnt, sehen wir hier
noch immer erhebliches Potential durch die Digitalisierung
der Verwaltung.
Eigentlich sollte nach dem Onlinezugangsgesetz bereits
seit Anfang 2023 verpflichtend jede Verwaltungsleistung
auch online angeboten werden. Dieses Ziel wurde weder von
der Stadt Geilenkirchen noch von anderen Kommunen
erreicht. Auch wenn nun die Umsetzungsfrist durch eine
Änderung des Gesetzes gestrichen werden soll, sehen wir es
als dringend notwendig an, die Digitalisierung so schnell
wie möglich voranzutreiben und die darin liegenden
Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung zu heben. Dies senkt
nicht nur Kosten, sondern steigert auch den Bürgerservice
und vermeidet lange Wartezeiten.
Durch die im letzten Jahr beschlossen Fortführung der
Entwicklungsgesellschaft Stadt Geilenkirchen (ESG) wurde
eine weitere eine Chance verpasst, die Einnahmen für die
Stadt Geilenkirchen zu erhöhen. Wir halten die Fortführung
nach wie vor für eine falsche Entscheidung. Durch diesen
Beschluss wird der Erlös aus dem Verkauf von
Baugrundstücken weiterhin zwischen der Kreissparkasse und
der Stadt Geilenkirchen aufgeteilt. Bei einer eigenen
Vermarktung hätte die Stadt Geilenkirchen 100 Prozente der
Erlöse für sich beanspruchen können.
Immer wieder wird
hier das Argument angebracht, dass die Stadt Geilenkirchen
nicht dazu in der Lage sei, Baugebiete selbst zu
entwickeln und auf die Expertise der Sparkasse angewiesen
sei. Es ist aber unverständlich, warum die Stadt keine
Wohngebiete vermarkten können soll, sehr wohl aber dazu in
der Lage sein soll, Gewerbegebiete zu vermarkten. Der
inhaltliche Unterschied liegt im Wesentlichen nur im
Verkaufspreis der Grundstücke:
Für ein
Gewerbegrundstück muss man einen deutlich geringeren
Kaufpreis als für ein Baugrundstück bezahlen, so dass sich
mit Gewerbegrundstücke keine Gewinne erzielen lassen.
Letztlich werden also weiterhin die Gewinne durch den
Verkauf von Baugrundstücken teilweise privatisiert,
während die Verluste durch den Verkauf von
Gewerbegrundstücken von der Allgemeinheit zu tragen sind.
Aus unserer Sicht wäre die Stadt mit entsprechendem
Personal durchaus in der Lage, beide Aufgaben gut zu
erfüllen – genau so, wie es in der Vergangenheit lange
Jahre auch gemacht wurde.
Möglichkeiten zur Einnahmesteigerungen sehen wir weiterhin
auch durch eine deutlich aktivere Wirtschaftsförderung.
Dies hatten wir bereits im letzten Jahr bemängelt,
geschehen ist nach unserer Wahrnehmung seither allerdings
wenig. Nur zwei Beispiele:
-
Auf der Internetseite der Stadt Geilenkirchen wird
unter dem Menüpunkt „Stadtmarketing“ immer noch einzig
und allein das Event „Summer in the City“ beworben –
welches aber bereits am 31. August letzten Jahres
beendet wurde.
-
241.278,- Euro erhält die Stadt Geilenkirchen bis 2026
aus dem Förderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und
Ortszentren“ für die Fortführung des Verfügungsfonds
Anmietung sowie für die Schaffung von
Innenstadtqualitäten. Mit dem Verfügungsfond Anmietung
soll – wie schon bisher – Neugründern die Anmietung
von leerstehenden Ladenlokalen zu einer deutlich
reduzierten Miete ermöglicht werden. Dabei wird den
neuen Geschäftsleuten die Möglichkeit eröffnet, ein
Ladenlokal für 2 Jahre zu 20 Prozent der
ursprünglichen Miete anzumieten, während der Vermieter
auf 30 Prozent der Miete verzichtet und der Rest aus
eben diesem Verfügungsfonds gezahlt wird. Leider hatte
dies in den vergangenen Jahren in Geilenkirchen eher
einen überschaubaren Erfolg – so dass die Mittel sogar
letztlich für andere Zwecke verwendet wurden. Während
andere Kommunen die Möglichkeiten dieses
„Verfügungsfonds Anmietung“ offensiv z.B. durch
Presseartikel oder durch Veröffentlichungen auf der
Internetseite hervorheben, sieht und hört man in
Geilenkirchen: NICHTS. Auf der Internetseite werden
lediglich die vermeintlichen Standortvorteile
Geilenkirchens angepriesen.
Das ist uns alles zu wenig. Wirtschaftsförderung ist ein
wichtiger Bestandteil zur Generierung von neuen Einnahmen.
Die Neuansiedlung von Händlern, Gastronomie und
Unternehmen kann die Attraktivität Geilenkirchens deutlich
steigern und die Gewerbesteuereinnahmen erhöhen.
Wir
erwarten hier einfach eine viel agilere
Wirtschaftsförderung, die offensiver mit den Möglichkeiten
der Stadt wirbt und besser für alle Interessenten zu
erreichen ist. Es fehlt eine deutliche mediale
Wahrnehmbarkeit, zum Beispiel über soziale Medien, Presse
oder Radio.
Kommunaler Ordnungsdienst und Schulsozialarbeit:
Intervention und Prävention gehen Hand in Hand
Auch die von uns gemeinsam mit der CDU- und der
FDP-Fraktion beantragte und beschlossene Aufstockung des
Kommunalen Ordnungsdienstes wird letztlich ebenfalls dazu
beitragen, dass die Attraktivität Geilenkirchens steigt.
Durch die zusätzliche Person wird es nicht nur möglich
sein, die Präsenzzeiten zu erhöhen und auf Zeiten
auszudehnen, in denen bisher z.B. aufgrund von Urlaub
keine Präsenz möglich war. Mit der von uns erwünschten und
erhofften Einstellung einer Frau bestünde zudem die
Möglichkeit, auch bei Frauen anlassbezogene
Personenkontrollen durchzuführen.
Wir erwarten, dass
durch diese Maßnahme bestimmte Delikte wie zum Beispiel
Sachbeschädigungen noch weiter zurückgehen, was letztlich
dazu beiträgt, Kosten zu senken und das Sicherheitsgefühl
unserer Bürgerinnen und Bürger zu stärken.
Es gibt in
Geilenkirchen – wie auch in anderen Städten – einfach
Personen, bei denen ein Streetworker alleine nichts mehr
erreichen kann. Hier ist dann die harte Hand der
Ordnungsbehörde unabdingbar. Daher ist dies – entgegen der
Meinung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der
Bürgermeisterin – eine gute Investition in unsere Stadt.
Allerdings ist auch uns bewusst, dass Intervention
durch den kommunalen Ordnungsdienst nur die eine Seite der
Medaille ist. Ohne gleichzeitig auch in eine gute
Prävention zu investieren, lässt sich langfristig das
Grundproblem nicht lösen. Darum haben wir als Bürgerliste
dem Antrag zur Ausweitung der kommunalen Schulsozialarbeit
auch letztlich mit voller Überzeugung zugestimmt.
Aus
unserer Sicht wird es den Anforderungen nicht gerecht,
wenn lediglich eine einzelne Person für die
Schulsozialarbeit an 3 Schulen mit hoher sozialer
Belastung beschäftigt wird. Auch ohne eine Förderung durch
das Land müssen wir als Stadt hier tätig werden, um den
Kindern in Schulen mit sozialen Herausforderungen schon
früh eine gute Unterstützung zu bieten und so einen
erfolgreichen weiteren Lebenslauf zu ermöglichen. Auch das
hier investierte Geld wird langfristig zu deutlichen
Kosteneinsparungen führen.
Wir würden uns auch wünschen, dass die bereits im Jahr
2022 mit großer Mehrheit beschlossene Anmietung von
Räumlichkeiten für die Einrichtung eines Jugendtreffs in
Geilenkirchen endlich umgesetzt wird.
Von mir wurden
seit knapp zwei Jahren immer wieder Vorschläge an die
Verwaltung unterbreitet, welche Räumlichkeiten sich
hierfür nutzen ließen und wie man die laufenden Kosten
durch Förderprogramme reduzieren könnte. Es wäre wichtig,
dass nun endlich Taten folgen würden. Die Verwaltung muss
hier tätig werden und den Beschluss umsetzen, denn auch
hierbei handelt es sich letztlich um ein wichtiges Mittel
zur Prävention.
Anträge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen:
...und täglich grüßt das Murmeltier
Abgeschafft hingegen hätten wir gerne die Sitzungsgelder
für Ausschussvorsitzende. Dies hätte durchaus eine kleine
Einsparung für den Haushalt gebracht.
Die hierzu
notwendige Zwei-DrittelMehrheit war aber mit dem jetzigen
Rat nicht zu erreichen. Hier bleibt daher nur die
Hoffnung, dass nach der nächsten Kommunalwahl eventuell
andere Mehrheitsverhältnisse einen neuen Anlauf zulassen.
Keinen Sinn macht es hingegen, immer und immer wieder
dieselben Anträge zu stellen. Das ist ein Politikstil, der
mit dem Kopf durch die Wand will, und dabei demokratische
Mehrheiten einfach ignoriert.
Bündnis 90/Die Grünen
dürfen sich hier nicht wundern, wenn die Wand wieder nicht
nachgibt und sich stattdessen Kopfschmerzen einstellen.
Nach wie vor halten wir es zum Beispiel für falsch,
einem langjährigen Partner wie dem Bistum Aachen als
Schulträger des Gymnasiums in Geilenkirchen gewissermaßen
über Nacht die städtischen Zuschüsse entziehen zu wollen.
Dies wird auch in keiner Weise der guten Arbeit gerecht,
die das Gymnasium für die Geilenkirchener Schülerinnen und
Schüler erbringt. Wir jedenfalls sind froh darüber, eine
solche Schule in Geilenkirchen zu haben und unterstützen
sie gerne auch weiterhin mit einem vergleichsweise
geringen Zuschuss.
Auch die immer wieder von der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen beantragte Verkleinerung des Rates ist einfach
falsch. Gerade in Zeiten, in denen die Akzeptanz der
Demokratie scheinbar abnimmt und die Unzufriedenheit
zunimmt, ist es wichtig, dass möglichst viele
gesellschaftliche Gruppen in Fraktionsstärke im Rat der
Stadt vertreten sind und so ein möglichst gutes Abbild der
Gesellschaft repräsentiert wird.
Bei einer
Verkleinerung des Rates auf die Größe von 30
Ratsmitgliedern würden nicht nur die Wahlkreise größer, so
dass noch weniger Dörfer einen direkten Vertreter und
Ansprechpartner haben, sondern es würde auch noch eine
rechnerische Hürde von rund 6,7 Prozent entstehen, die man
braucht, um in Fraktionsstärke in den Rat einzuziehen.
Dank und Fazit
Zu guter Letzt möchte ich mich im Namen der Bürgerliste
bei unserem neuen Kämmerer, Herr Nilles, und seinem Team
in der Kämmerei für die geleistete Arbeit bedanken. Es war
sicher nicht einfach, den vorliegenden Haushalt
aufzustellen, und es liegt noch viel Arbeit vor der
Verwaltung, nach weiteren Möglichkeiten zu Einsparungen zu
fanden und diese dann umzusetzen.
Bereits im letzten Jahr haben wir festgestellt, dass der
vorgelegte Haushalt alles andere als erfreulich ist. Dies
hat sich leider nicht geändert, im Gegenteil: Die
Situation ist eher noch düsterer geworden.
Nur
dadurch, dass das Land uns die eingangs erwähnten
„Haushaltstricks“ zur Verfügung gestellt hat, lässt sich
vermutlich zurzeit noch die Aufstellung eines
Haushaltssicherungskonzeptes vermeiden.
Zugleich sind
die Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene aber
beschränkt. Es lassen sich aus unserer Sicht nur wenige
Kritikpunkte finden, die aber für den Haushalt insgesamt
eher unwesentlich sind. Daher werden wir dem Haushalt
heute Abend zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Christina Hennen
Ratsmitglied der Bürgerliste und stellv. Bürgermeisterin
(Sie können die Rede
hier
auch als PDF-Dokument herunterladen)